PresseDinslakener Mahnsteine

— Niederrhein Anzeiger

Unsere Stadt stellt sich der braunen Vergangenheit und erinnert an das große Leid seiner jüdischen Einwohner.

Traurige Gedenktage 2012: · 1933 / 80 Jahre Machtergreifung Hitlers · 1938 / 75 Jahre Reichprogromnacht und · 1993 / 20 Jahre Einweihung des Dinslakener Mahnmals.

Von Caro Dai

DINSLAKEN. Der schwarze schwere Leiterwagen rechts vor dem Rathaus erinnert an die unmenschliche Vertreibung u.a. der Kinder des jüdischen Waisenhauses in Dinslaken 1938, die mit nackten Füßen in der Kälte stehend, mit Ansehen mußten, wie ihr Zuhause verwüstet wurde, um dann auf einem Leiterwagen durch die johlende Menge zum Abtransport ins KZ gezwungen zu werden. Beschimpft und verhöhnt mußten die größeren Kinder die Kleineren zum Bahnhof ziehen. Was waren das für Menschen, die sich auch an den Schwächsten vergriffen haben, elternlosen Kindern das Zuhause zerstörten und sie wie Vieh in die Vernichtungslager trieben?

Diese Frage steht für immer im Raum auch für uns Nachgeborene hier in Dinslaken. Und wie wichtig es ist, auf dem rechten Auge eben nicht blind zu sein, beweisen die Untaten des Nationalsozialistischen Untergrundes der sogenannten Zwickauer Terrorzelle, deren Mitglieder über 10 Jahre unendeckt „Nichtdeutschstämmige“ und eine Polizistin ermorden konnten. Unerkannt wohl auch deshalb solange, weil niemand sich vorstellen konnte, dass brauner Terror heute überhaupt noch existiert.

Runder Tisch

Dinslaken stellt sich nicht nur durch diese aktuellen Ereignisse alarmiert, seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung: Ein „runder Tisch“ unter Einbindung von Stadtarchiv, Museum, den ev. und kath. Kirchen, dem Ausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit, der Israel-AG des Theodor-Heuss-Gymnasiums und der jüdischen Gemeinde Oberhausen-Mülheim bereitet seit einigen Jahren Aktivitäten zu den anstehenden Gedenktagen vor. Den Vorsitz hat Dinslakens neue 1. Beigeordnete Christa Jahnke-Horstmann übernommen.

Auch Leiterwagen-Mahnmal-Schöpfer Alfred Grimm ist es eine Herzenssache wieder dabei zu sein. Vier seiner Entwürfe zur Erinnerung an Dinslakens jüdische Einwohner sind in Auftrag gegeben und z.T. schon realisiert: So erinnert die Bronze „Putzmacherin“, das vor der Duisburger Straße 8 (heute Jack Wolfskin gegenüber der Stadtbücherei) aufgestellt werden soll, an das Hut- und Putzmachergeschäft von Hermann Eichengrün.

Jüdisches Leben in DIN

Weitere Mahnsteine Grimms sollen einmal vor der heutigen Santander-Bank (Eckhaus Neustraße/Friedrich-Ebert-Str.) an das Kaufhaus Siegfried Bernhard erinnern, welches Wohnungseinrichtungen, Küchen, Bettwäsche, Stiefel, Gardinen und Damen- und Herrenbekleidung führte. Auch an der Brückstraße 1, wo heute Rahmen und Drucke verkauft werden, wird ein Mahnstein an die Viehhändler Josef und Julius Jacob erinnern. Und an der Eppinghovern Str. 4 (heute eine Physiotherapie-Praxis) wird des Installateurs Julius Isaacsons gedacht werden. Dieser Mahnstein ist ebenfalls schon fertig. Die Mahnsteine werden jeweils auch von zwei Sitzsteinen umrahmt sein und auch von den Schicksalen derer erzählen, an die sie erinnern.

WDR-Film am 27. 1. 2012

Ein Team des WDR hat einen Film-Bericht über die Entwicklung der „Mahnsteine“ in Dinslaken und auch deren Abguss und die Realisierung in der Bronzegießerei Butzon und Becker Kevelaer gemacht. Zu sehen am „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ (siehe lnfokasten) am Freitag, 27. Januar, in der „Lokalzeit Duisburg“ zwischen 19.30 und 20 Uhr im WDR-Fernsehen.

27. Januar

Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar ist in Deutschland seit 1996 ein staatlicher Gedenktag: Der Tag erinnert an alle Opfer des Nationalsozialismus: Juden, Christen, Sinti und Roma, Menschen mit Behinderung, Homosexuelle, politisch Andersdenkende sowie Männer und Frauen des Widerstandes, Wissenschaftler, Künstler, Journalisten, Kriegsgefangene und Deserteure, Greise und Kinder an der Front, Zwangsarbeiter und an die Millionen Menschen, die unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft entrechtet, verfolgt, gequält und ermordet wurden. Die Vereinten Nationen erklärten den 27. Januar im Jahr 2005 zum internationalen Holocaust-Gedenktag. Der 27. Januar ist kein Feiertag im üblichen Sinn. Er ist ein „DenkTag“: Gedenken und Nachdenken über die Vergangenheit schaffen Orientierung für die Zukunft.

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