PresseEin Blick auf die Wurzeln
— NRZ
Bettina Schack
Dinslaken. 150 Bilder drängen sich dicht an dicht in Petersburger Hängung auf den 30 Quadratmetern der Galerie Kleeblatt 399 in Lohberg. 150 Zeichnungen, Mischtechniken und das ein oder andere Objekt, das aus dem Rahmen fällt. Im Wortsinn natürlich. Der Mann, der seine künstlerischen Spuren an den Wänden und weiße Schuhabdrücke vom Kreativ.Quartier bis zum Eingang auf den Fußgängerweg der Hünxer Straße malte, ist Alfred Grimm. Der im nahen Hünxe-Bruckhausen lebende und arbeitende Künstler hat sein Archiv durchstöbert und einen Querschnitt durch seine kleinformatigen Arbeiten zusammengestellt.
Aus dem Rahmen fallen, Formen sprengen. Durch die Verwendung von Fundstücken, durch die Brechung bekannter Themen. Grimm hat’s bei Beuys gelernt, der die Petersburger Hängung als Ausdruck von verschachtelter Ideenfülle ebenfalls pflegte. In der Galerie des Apothekers Werner Heuking bedeutet diese: Man kann die Wände wie überbordende Comics lesen, von Bild zu Bild Zusammenhängen, Entwicklungen oder überraschenden Kontrasten folgen. „Die größte Kunst, die ich bei Alfred Grimm entdeckt habe, ist sein Zeitmanagement“, wunderte sich Lale Aslanbenzer bei der Vernissage am Freitag angesichts der Fülle der Exponate, die nur ein Schlaglicht auf Grimms unermüdlichen Schaffen werfen.
Es ist die dritte Ausstellung, die Werner Heuking in Kooperation mit dem Forum Lohberg in dem benachbarten Ladenlokal zu seiner Apotheke ausgerichtet hat. „Ich bin kunstinteressiert, und nachdem die Bäckereien hier rein und raus gingen, habe ich mir gesagt, dann mach aus deiner privaten Neigung heraus eine Galerie“, so Heuking. Tatsächlich ist es ein weiterer Schritt, Lohberg spannend zu machen. Der Stadtteil sei selbst ein Kunstobjekt, lobt er Lohberg im Wandel, die Galerie – übrigens die einzige reine Kunstgalerie in Dinslaken – bildet ein Dreieck mit dem Kreativ.Quartier auf der Zeche gegenüber und dem nicht weit entfernten Kiosk 422.
40 Jahre Schaffenskraft ausgestellt
Vier bis sechs Ausstellungen plant Heuking pro Jahr. Seine Kriterien sind gesteckt: Wer im Kleeblatt seine Werke zeigen möchte, muss einen Abschluss von der Akademie vorweisen oder sich als Künstler so etabliert haben, dass er davon leben kann. Qualität als Ansporn, weitere Qualität nach Lohberg zu ziehen.
Alfred Grimm braucht schon lange nicht mehr nachzuweisen, dass er die strengen Qualitätskriterien erfüllt. Er bedenkt die Galerie mit dem „röhrenden Hirsch“. Wie im Comic sprengt das geschriebene „rööhrööhröhh“ des Plastikhirsches einen Schnörkelrahmen aus Goldiminitat, ein paar Objekte weiter ist der Hirsch mit einem Brunstschrei bei einer Hirschkuh erfolgreich gewesen. Dann sind wir schon mitten in der Phase der grimmigen Autounfälle: Achtung Wildwechsel! Der Hirsch hängt im Kühler. Mist. Ach ja, den hinterlässt ein Hirsch auf einem anderen Rahmen. Dazwischen Grimms Mädchen. Mal nachdenklich, mal verträumt, allein oder durch Übermalung auf dem Papier in Begleitung männlicher Models, die ihnen in der Wirklichkeit nie begegneten.
Vierzig Jahre Schaffen hängen an den Wänden. Darunter Grimms erste Lithographie aus Studientagen. „150 Arbeiten auf 30 qm“ ist ein „Zurück zu den Wurzeln“. Im Künstlerischen wie im Biographischen: Seine Tante Elfriede war Filialleiterin des Konsums (heute die Moschee), die Grimms lebten im ersten Stock, einen Steinwurf entfernt von Hausnummer 399.
Die Ausstellung in der Galerie Kleeblatt 399, Hünxer Straße 399, ist bis zum 16. Juli Mo.–Fr. von 9–18.30 und Sa. von 9–13 Uhr geöffnet.