PresseKann Grimm noch aufregen

— Rheinische Post

Von Martha Agethen

Hünxe/Wesel Die Ausstellung „Grimms Mädchen“ im Preußen-Museum wurde gestern vorgestellt. Die Werkschau des hochproduktiven Künstlers aus Hünxe ist höchst ausdrucksvoll, brechend voll von Fantasie und nicht immer appetitlich. Ab Sonntag beherrschen sie Vitrinen und Wände im Preußen-Museum: „Grimms Mädchen“ heißt die neue Ausstellung von Künstler Alfred Grimm (65), eine von unzähligen auf seinem Lebensweg. Gouache- und Bleistiftzeichnungen dominieren. Mit dabei sind jedoch auch „Objekte des Weiblichen“, die aufgrund ihres provokativen Charakters schon mancherorts für Irritationen sorgten, jedoch vom Künstler erklärt, im überzeugenden Licht erscheinen.

Christus unter Lappen

Wie der „Aufnehmerchristus“, verborgen unter einem alten Lappen: „Er ist es, der den Dreck der Welt wegnimmt!“, sagt Grimm, der schon vieles für den Sakralraum schuf. Er geht stets ein Stück weiter, als herkömmliche Kunst: Da ist der alte Fernseher mit dem Paradies. „Adam und Eva haben sich in der Kunstgeschichte nie berührt“, sagt Grimm. Hier schon. Mit Barbiepuppen, im Urwald, und zugehöriger Geräuschkulisse. Da gibt es auch die Mutter-Erde-Plastik: ein gynäkologischer Stuhl, oben unberührte Natur, im Bauch die Industrie, deren Schmutzwasser abgeleitet werden. Das Ungeborene beschäftigte ihn: es entstanden der Retortenfötus „Wunschkind“ oder die „Fehlgeburtstagstorte“, Andenken an jene Kinder, die nie Geburtstag feierten. Dazu gehört eine „JVA-Torte“ Werl und eine „Fixertorte“ Berlin. Serielle Kunst dominiert.

Die Materialarbeiten zeigen expressionistische Bezüge. Nicht alles ist appetitlich. Doch liege ihm jegliche Basphemie fern, betont der Künstler. Für seine „Mädchen“ wählte er kleine Formate, passend zur intimen Mädchenwelt. Modell für die Akte standen Schülerinnen – angezogen, wie Grimm betont. Künstlerische Fantasie führte die Arbeiten zu Ende.

Freie Improvisationen über das Weibliche entstanden. Ein Spiel mit Vorstellungen und Linien. Vieles skizzenhaft. Wert lege er auf Natürlichkeit, Posen möge er überhaupt nicht, sagt er. Wie Momentaufnahmen hält er Bewegungen zeichnerisch fest, fügt sie später zusammen oder legt sie übereinander. Höchst ausdrucksvoll und sehr erotisch bisweilen; ausgesprochen kurvenreich. Vollen, schön geschwungenen Lippen ist große Aufmerksamkeit gewidmet. Manchmal bleibt ein Gesicht auch leer: Seelenzustand Nebensache. Rot dominiert.

Erotisches gibt es massig. Partner im Clinch, eher eindeutig als zweideutig. So bleibt der Titel „Grimms Mädchen“ eher ein Wortspiel. Gemeinsam haben die Mädchen und die Märchen die Fantasie. Nebenbei gewährt der Künstler in einer großen Vitrine Einblick in sein 400 Quadratmeter großes Atelier.

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