PresseReden wir doch mal über Schafe und Ziegen

— Rheinische Post

In den RP-Sommerinterviews reden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens über Themen, zu denen sie sonst nicht befragt werden.
Das Künstlerehepaar Barbara und Alfred Grimm aus Bruckhausen hält seit 42 Jahren Schafe.

Interview Barbara und Alfred Grimm

In den RP-Sommerinterviews reden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens über Themen, zu denen sie sonst nicht befragt werden.

Das Künstlerehepaar Barbara und Alfred Grimm aus Bruckhausen hält seit 42 Jahren Schafe.

Es heißt, Schafe seien dumm, duldsam, gleichmütig, friedfertig. Sie halten seit über 40 Jahren an Ihrem Haus in Bruckhausen ein paar Schafe. Welche Erfahrungen haben Sie mit den Tieren gemacht?

BARBARA GRIMM Dumm bleibt dumm. Jedes Schaf hat seine eigenen Macken.

Welche sind das?

ALFRED GRIMM Wir haben derzeit neun Schafe, vier alte, fünf junge. Jetzt im Sommer grasen sie tagsüber auf der Wiese, sie können aber bei schlechtem Wetter jederzeit in den Stall. Eins von den Jungen nutzt jede Lücke im Zaun, um durchzukommen, nur weil dahinter frisches Gras wächst. Dieses Böckchen durchbricht jede kleine Öffnung. Böcke sind eben insgesamt durchtriebener als Weibchen. Aber auch die sind nicht ohne. Wir haben ein Einjähriges, das wird von der eigenen Mutter entsetzlich gemobbt. Obwohl die Alte genug zu fressen hat, frisst sie dem Nachwuchs alles weg.

Wie sind Sie aufs Schaf gekommen?

BARBARA GRIMM Wir sind 1971 hier hierhergezogen. Wenig später hatten wir unsere ersten Schafe. Die hießen Tarzan und Agathe. Es waren aber beides zwei Weibchen. Die liefen frei herum. Es gab ja noch keinen Garten. Die konnten also nichts kaputt machen. Heute ist das anders. Wir haben mehrere tausend Quadratmeter Wiese eingezäunt. Die müssen abgegrast werden. Also kamen immer ein paar Tiere mehr hinzu.

Die Schafe dienen in erster Linie als Rasenmäher?

ALFRED GRIMM Ja. Wir halten sie auch als Nutztiere. Wir essen gerne Lammfleisch. Wir brutzeln gerne mal ein Lammkotelett in der Pfanne oder schieben eine Schulter in den Ofen. Dazu gibt es frische Böhnchen aus dem Garten. Das ist ein Genuss, den wir auch gerne mit Freunden teilen.

Was benötigt ein Schaf, um glücklich zu sein?

ALFRED GRIMM Stroh, um darauf zu schlafen. Frisches Heu – die Ballen liefert unser Nachbar bis in den Stall hinein – manchmal etwas trockenes Brot, Gras, Kraftfutter für die Muttertiere und reichlich Wasser. Außerdem muss man die Tiere regelmäßig entwurmen, die bekommen dann eine Spritze ins Maul. Man muss sie scheren, ihnen die Klauen schneiden.

Das klingt nach viel Arbeit. Wie sieht es aus, wenn die Schafe lammen: Betätigen Sie sich als Geburtshelfer?

BARBARA GRIMM Wenn wir Glück haben, gebären die Tiere, ohne dass wir es mitbekommen.

Und wenn nicht?

BARBARA GRIMM Dann helfen wir. Das klappt in der Regel. Es gibt aber auch schon mal Komplikationen. Wir hatten mal eine Geburt, da ging’s zwei Stunden nicht voran. Da habe ich den Tierarzt gerufen. Der machte dann einen Kaiserschnitt. Bei einer anderen Geburt hat das Mutterschaf den Tierarzt in den Finger gebissen. Da musste ich den Arzt verarzten.

Schafe beißen?

ALFRED GRIMM Oh ja, die haben hinten kräftige Mahlzähne. Das tut richtig weh. Manchmal tauchen auch nach der Geburt Probleme auf. Wenn etwa ein Junges nicht in den ersten Stunden die Zitzen der Mutter findet, hat es keinen Saugreflex mehr. Wir haben schon mal ein Lamm mit der Flasche aufgezogen.

Wie funktioniert das?

BARBARA GRIMM Im Kühlschrank wird Schafaufzuchtmilch eingelagert. Wenn das Lamm trinken will, gibt man ihm im Abstand von mehreren Stunden das Fläschchen mit erwärmter Milch.

Und die Mutter?

ALFRED GRIMM Die hat das Lamm verstoßen. Das Kleine hatte aber schnell raus, dass wir es versorgen. Sobald wir die Terrassentür öffneten, begann im Stall das Blöken. Und wenn man nicht aufpasste, stand das Lamm im Wohnzimmer.

Und bekam das Fläschchen…

BARBARA GRIMM Ja. Und es pinkelte alles voll. Das war ich irgendwann leid. Wir haben dem Böckchen Pampers angezogen. Nach einigen Wochen wurde es langsam wieder ausgewildert.

Was geschieht mit der Wolle der Schafe?

ALFRED GRIMM In den 1970er Jahren konnte man die Wolle noch direkt vor der Haustür verkaufen, in Lohberg wurde sie gerne genommen. Oder wir haben die Vliese zum Gerber nach Ringenberg gebracht. Heute ist das anders. Allein das Säubern macht zu viel Arbeit. Heute kann man froh sein, wenn überhaupt die Wolle noch jemand haben will.

Hatten Sie nicht auch mal einen Ziegenbock?

ALFRED GRIMM Ja, der hieß Doktor Bock und konnte Auto fahren. Der Vorbesitzer war ein Dompteur, der hatte ihm allerlei Kunststücke beigebracht. Irgendwann hatte unser Postbote die Autotür aufgelassen und Doktor Bock sprang, wie er es gelernt hatte, auf den Fahrersitz und guckte durch die Windschutzscheibe.

Und dann steckte er den Schlüssel ins Schloss und fuhr los…

BARBARA GRIMM Nein, das nicht. Aber es war schon ein eigenwilliges Tier. Der Bock konnte einfach die Terrassentür aufdrücken und spazierte dann durchs Wohnzimmer. Einmal hat er mir von einem herrlichen Baccararosenstrauß sämtliche Köpfe abgebissen. Und irgendwann hat er sich über die Pfirsiche hergemacht. Die abgelutschten Steine lagen überall auf dem Boden herum. Wir konnten Doktor Bock auch geduldig an einer Leine führen. Wir spazierten dann mit ihm und unserem Sohn im Kinderwagen durch Bruckhausen.

Wie ist Doktor Bock geendet?

Er hat irgendwann angefangen die Rosen in den Anlagen zu fressen und unsere Obstbäume anzuknabbern. Und seine Fluchtversuche waren wir auch leid. Wir haben ihn verkauft.

RALF SCHREINER FÜHRTE DAS GESPRÄCH
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