PresseVerspiegelte Fernsichten
— Rheinische Post
Von RALF SCHREINER
HÜNXE. Alfred Grimm hat den „Telefunken PALColor“ gründlich ausgeweidet. Nur das Chassis ist stehengeblieben. Sechs Spiegel baumeln darin. Sie ersetzen die Fernbedienung. Denn Programme hat dieses Gerät soviele, wie Zuschauer hineinblicken. Jeder einzelne wird reflektiert, kann betrachten, wie er aussieht, wenn er fernsieht. Und damit alles so ist wie zu Hause, darf auch die Bierflasche nicht fehlen, das Glas und der benutzte Aschenbecher. Grimm hält dem Betrachter mit seinem „Spiegel TV“ den Spiegel vor – und lächelt. Das Objekt ist Teil der Aktion „Kunst und Natur“, die am Samstag und Sonntag, 16. und 17. August zum zweiten Mal rund um das Landhotel Voshövel in Weserlerwald „Kunstspaziergänger“ anlocken will.
Der besondere Reiz des Grimmschen Alternativprogramms erschließt sich dem Betrachter erst in der Natur. „Man schaut nicht nur in das Gerät hinein“, sagt Alfred Grimm. „Man blickt auch hindurch und sieht natürliche Landschaft – Wald, Felder, Wiesen.“ Für gewöhnlich sehe man im Fernsehen nur Bilder, die zeigen, wie sich Menschen Landschaft vorstellen. „Viele haben keinen Blick mehr für das, was sich in der Natur bietet.“
Das „Spiegel-TV“ ist nur ein Objekt von vielen, mit dem der Bruckhausener Künstler Blicke schärfen und anregen will. Ausstellen will Grimm auch sein „Herbst-TV“, eine verspielte Arbeit mit fallenden Blättern und einem unermüdlichen Männerchor, Einsatz per Kontaktmelder. Einige andere Kunstfernseher sind noch in Vorbereitung. „Andere Inhalte, andere Formen“, mehr verrät Grimm nicht. Schließlich will er die Besucher mit seiner Kunst überraschen. Wer seine TV-Reihe kennt, weiß, daß ihm das gelingt. Erinnerungen an die prallen Euter der niederrheinischen „Seh-Kuh“ werden wach, an das erotische „Sahara-Projekt“ von 1988, wo kleine Männchen auf große sandene Brustberge blicken, an das Stau-TV mit den sich ins Nichts wälzenden, endlosen Blechlawinen und vieles mehr. Abschalten kann man woanders.